Cannabis und das Immunsystem stehen in einer besonderen, komplexen Beziehung zueinander. Ob COVID-19 oder Magen-Darm-Grippe, die Bekämpfung von Infektionen kann den menschlichen Körper an seine Grenzen stoßen lassen. Es gibt jedoch Experten, die behaupten, dass beim Konsum von Cannabis das Immunsystem besser funktioniert. Im Folgenden werden wir die Beziehung zwischen Cannabis und dem Immunsystem ausführlich diskutieren.
Cannabis und das Immunsystem
Schwächt oder stärkt Cannabis das Immunsystem? Leider ist die Antwort nie so einfach wie die Frage selbst. Um die Antwort zu finden, müssen wir zuerst das Immunsystem kurz zusammenfassend darstellen. Das Immunsystem ist eine Multiorganstruktur mit nur einem Zweck: Gefahren abzuwehren. Diese Gefahren können äusserlich (Viren, Bakterien, Pilze, Toxine) oder innerlich (Tumorzellen, abgestorbene Zellen, Stoffwechsel-Nebenprodukte) sein. Das Immunsystem erfüllt diesen Zweck, indem es eine Vielzahl von Abwehrstoffen produziert. Sie kreisen im ganzen Körper. Abwehrzellen werden auch als Leukozyten oder weiße Blutkörperchen bezeichnet. Cannabis und das Immunsystem haben eine weiter unten beschriebene besondere Verbindung. Das Immunsystem hat zwei Teile: Das angeborene oder unspezifische Immunsystem und das adaptive oder spezifische Immunsystem.
Das angeborene oder unspezifische Immunsystem
Dabei handelt es sich um die erblich bedingte, natürliche Abwehrbarriere des Körpers. Sie wird gebildet durch die weißen Blutkörperchen, wie z.B. Makrophagen, Mastzellen und natürliche Killerzellen. Ihre Reaktionen sind unspezifisch. Das bedeutet, dass die Abwehrzellen auf Bedrohungen automatisch reagieren und keine dauerhafte Immunität hinterlassen. Die Hauptaufgabe dieses Teils des Immunsystems ist es, Schadstoffe und schädliche Keime zu bekämpfen. Sie gelangen u.a. über die Haut oder das Verdauungssystem in den Körper. Die Zellen des angeborenen Immunsystems reinigen den Körper außerdem von toten Zellen und inaktiven Zellbestandteilen. Seine Zellen werden im Knochenmark in Form von undifferenzierten Zelleinheiten produziert. Sie differenzieren sich u.a. in der Milz. Sie zirkulieren in den Blutgefäßen und kommen in den Geweben vor.
Das adaptive oder spezifische Immunsystem
Dieses Abwehrsystem ist differenzierter. Seine Abwehrzellen sind in der Lage, spezifische Strukturen (sog. Antigene) der Angreifer zu erkennen und gezielte Abwehrmechanismen und Antikörper zu bilden. Nach der Infektion bleiben spezifische Antikörper und Gedächtniszellen erhalten. Bei erneuter Infektion ermöglichen sie eine angemessene Abwehrreaktion. So entsteht eine dauerhafte Immunität. Diese Immunabwehr wird durch das Lymphsystem gesteuert, das hauptsächlich von zwei Zelltypen (T-Lymphozyten und B-Lymphozyten) besetzt ist. Die Interaktion zwischen Cannabis und dem Immunsystem wird durch diese beiden Zelltypen erleichtert. T-Lyphozythen sind für die zelluläre Immunantwort verantwortlich. Sie helfen Gefahren, wie z.B. Viren, anzugreifen. B-Lymphozyten produzieren Antikörper, die grössere Ziele erkennen und angreifen. Diese Antikörper werden ins Blut abgegeben. Sie bewirken die sogenannte humorale Immunantwort. Lymphozyten werden im Knochenmark produziert. Sie reifen im Thymus und in den Lymphknoten heran und werden über das Lymphsystem im ganzen Körper verteilt.
Cannabis und das Immunsystem: ein Überblick
Über die Auswirkungen von Cannabis auf den allgemeinen Gesundheitszustand sind viele kontroverse Debatten geführt worden. Das Rauchen von Cannabis im Krankheitsfall kann z.B. zu einer raschen Linderung führen. In den meisten Fällen wird dies jedoch vorwiegend auf seine psychoaktiven Wirkungen zurückzuführen sein. Mit anderen Worten, sich entspannt und glücklich zu fühlen, hilft sicherlich jedem Leiden. Es heilt jedoch nicht die zugrunde liegende Erkrankung. Deshalb ist es wichtig zu wissen,wie Cannabis mit dem Immunsystem interagiert. In der Cannabispflanze werden mehr als 100 verschiedene Cannabinoide gefunden. Nicht alle von ihnen haben gesundheitliche Auswirkungen. Diejenigen, die sowohl die Aufmerksamkeit der Wissenschaft als auch der Verbraucher auf sich ziehen, sind zweifellos Cannabidiol (CBD) und Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC). Die Wirkungen von Cannabinoiden beim Menschen werden in vielen Studien untersucht. Einige davon bewerten die Auswirkungen des Rauchens von Cannabis. Andere konzentrieren sich auf die Auswirkungen von gespritzen oder eingenommenen Cannabisextrakten.
Cannabis und das Endocannabinoid-System
Es wurde festgestellt, dass die Verbindung zwischen Cannabis und dem Immunsystem durch Endocannabinoid-Rezeptoren im Körper erleichtert wird. Diese Rezeptoren beeinflussen verschiedene physiologische, d.h. körperliche Reaktionen. Tatsächlich wirken sowohl THC als auch CBD auf zwei dieser Rezeptoren. Das sind die CB1- und CB2-Rezeptoren, die im gesamten Körper in großem Umfang vorhanden sind. CB1-Rezeptoren finden sich vorwiegend im Gehirn, der Wirbelsäule, den Drüsen (Schilddrüse, Hypophyse, Nebenniere und Fortpflanzungsorgane), den Augen, der Leber und der Lunge. CB2-Rezeptoren kommen häufig im Darm, in den Knochen, in der Lunge, in der Skelettmuskulatur und im gesamten peripheren Nervensystem vor. Beide Rezeptoren tragen zur Verbesserung der Immunfunktion bei. Jedoch gibt es auch Untersuchungen, die bestätigen, dass Cannabis unter bestimmten Bedingungen die Immunantwort verschlechtert.
Cannabinoid-Rezeptoren und Immunabwehr
Im Allgemeinen ist der Cannabinoid-Rezeptor CB2 im Immunsystem häufiger anzutreffen. Er ist im Immungewebe der Milz, in den Mandeln und in der Thymusdrüse reichlich vorhanden. Darüber hinaus scheinen die CB1 und CB2-Rezeptoren in den T- und B-Lymphozyten, den Monozyten und den Makrophagen aktiv zu sein. Sie beeinflussen höchstwahrscheinlich die Immunantwort, indem sie u.a. die Zellkommunikation in Geweben verändern und die zellinterne Stoffwechselaktivität beeinflussen. Studien bestätigen, dass die Zellen des Immunsystems eher reifen und kommunizieren, wenn sie Cannabis ausgesetzt sind. CB1 beeinflusst das Immunsystem in erster Linie über die Nerven der Gewebe und Zellen. Darüber hinaus finden sich CB1-Rezeptoren auch in T-Zellen, Zellen der angeborenen Immunität und in geringerem Maße auch in B-Zellen. Es gibt Belege dafür, dass die Wirkungen von Cannabinoiden auf das Immunsystem überwiegend durch eine CB2-bezogene Zellreifungsfunktion und Immunzellaktivierung erreicht werden. Darüber hinaus scheint CB1 eine eher stille, modulierende Rolle in der zellulären Immunantwort zu spielen.
Cannabis und die Immunfunktion: positive und negative Auswirkungen
Cannabis wirkt also auf die Rezeptoren des Endocannabinoiden Systems. Dabei gibt es sowohl positive als auch negative Auswirkungen. Sowohl CBD-Öle als auch anderere medizinische Cannabis-Produkte werden für die Gesundheit genutzt. Unter anderem hat Cannabis erwiesenermaßen entzündungshemmende, antioxidative, antimikrobielle, übelkeitshemmende und krebsbekämpfende Wirkungen. Hinsichtlich der Auswirkungen auf das Immunsystem wurde bisher angenommen, dass Cannabinoide eine immunmodulierende Wirkung auf den Körper haben. Das bedeutet, dass sie die chemische Kommunikation zwischen den Zellen des Immungewebes und den verschiedenen Immunzellen beeinflussen. Immunmodulation ist hierbei nicht zu verwechseln mit immununterdrückenden oder immunstärkenden Eigenschaften. Das heißt, beim Rauchen von Cannabis z.B. wird das Immunsystem nicht verstärkt oder geschwächt, sondern bis zu einem gewissen Grad moduliert, d.h. verändert.
Cannabis als Immunmodulator
Cannabis kann also das Immunsystem modulieren. Was bedeutet das im Alltag? Substanzen, die immunstärkende Eigenschaften aufweisen, regen die Produktion von Immunzellen an, wie z.B. Impfstoffe. Demgegenüber senken Immunsuppressiva die Produktion von Immunsystemzellen oder deaktivieren das aktive Immunsystem. Immunsuppressiva werden in der Regel eingesetzt, um die Transplantatabstoßung bei Transplantationen zu verhindern. Außerdem sollen sie die überaktive Immunität bei Autoimmunerkrankungen unterdrücken. Die Immunmodulation ist eine regulatorische Anpassung der Immunantwort im Körper, die tagtäglich stattfindet. Endocannabinoide nun regulieren das Gleichgewicht dieser physiologischen Körperfunktionen, indem sie je nach Situation die Immunaktivität verstärken oder abschwächen.Die entsprechende Wirkung des Rauches von Cannabis z.B. hängt von drei Faktoren ab. Diese sind das Produkt (Rauchen, Vaping oder Öl), die Wahl eines Cannabisstammes (THC/CBD-Verhältnis), und der Gesamtzustand des Immunsystems (gesund oder überaktiv).
CBD und THC : Cannabis und das Immunsystem
THC bindet sowohl an die CB1- als auch an die CB2-Rezeptoren direkt. Der Forschung zufolge bindet THC jedoch CB1 stärker, verglichen mit der geringeren Bindung an CB2. CBD dagegen wirkt indirekt auf die Rezeptoren ein, indem es ihre Reaktionen beeinflusst. Im Allgemeinen sind die Auswirkungen von CBD auf das Immunsystem stärker als die von THC, da es intensiver auf CB2- als auf CB1-Rezeptoren einwirkt. Darüber hinaus stimulieren Cannabis-Stämme mit einem hohen THC-Gehalt CB1-Rezeptoren, während reine CBD-Produkte CB2-Rezeptoren anregen. Wenn THC und CBD zusammen in Form von Cannabisrauch eingenommen werden, wirkt CBD wie ein modulierender Wirkstoff, da es sich je nach THC-Gehalt im Blut unterschiedlich verhält.
Immunmodulatorische Wirkungen von Cannabis: THC
Cannabis beeinflusst das Immunsystem auf zwei Arten: Es reduziert Entzündungen in verschiedenen Geweben. Es ist somit hilfreich bei entzündlichen und rheumatischen Erkrankungen. Es wirkt direkt auf aktive Immunzellen. Bei gesunden Menschen hemmen Cannabinoide die Aktivierung von T-Lymphozyten und senken so die zelluläre Immunantwort. Dies wird als Beeinträchtigung bei der Bekämpfung von Viren empfunden. Bei immungeschwächten Menschen, wie z.B. bei HIV-positiven Patienten, haben therapeutische Dosen von medizinischem Cannabis jedoch immunstärkende Eigenschaften gezeigt. Im Fall von T-Lymphozyten wird THC als das wirksamere unterdrückende Mittel eingestuft, während CBD seine hemmende Wirkung bis zu einem gewissen Grad abschwächt. Tatsächlich reduziert THC bis zu 33% der gesamten Lymphozytenaktivität. Daher neigen Produkte mit hohem THC-Gehalt, wie z.B. medizinisches Cannabis mit hohem THC-Gehalt und Cannabis-Essbares, dazu, die gesamte Immunreaktion zu verringern.
Immunmodulatorische Wirkung von Cannabis: CBD
CBD hat in B-Lymphozyten eine immununterdrückende Wirkung.Es verändert den Zellstoffwechsels und bewirkt die Senkung der Antikörperproduktion. Darüber hinaus senkt CBD die Immunantwort der angeborenen Immunzellen. Hierdurch wird die erste Verteidigungslinie gegen die äußeren Bedrohungen geschwächt. Die Auswirkungen werden vor allem in Lunge und Milz als eine beeinträchtigte antibakterielle Aktivität wahrgenommen. Zudem bewirkt CBD den programmierten Zelltod der angeborenen Immunzellen. Hierdurch wird die Menge der verbliebenen auf Bedrohungen reagierenden Zellen verringert. CBD beeinträchtigt also die Immunfunktion bei der Bekämpfung von Angriffen, hilft aber bei der Regulierung der Immunantwort im Allgemeinen. Mit anderen Worten: CBD-Öl könnte bei regelmäßiger Einnahme zur Aufrechterhaltung des Immunsystems hilfreich sein, aber bei einer diagnostizierten Infektion sollte man bei der Dosierung vorsichtig sein.
Cannabis und das Immunsystem – CBD
Nicht jede Immunantwort wird als vorteilhaft angesehen. Tatsächlich veranlasst eine lokale Entzündung die Immunzellen zum Handeln. Dieser Prozess gilt als gesund. Wenn die Immunantwort jedoch zu stark ausgeprägt oder von Natur aus beeinträchtigt ist, beginnen die Immunzellen, gesundes Gewebe anzugreifen. CBD kontrolliert die unwirksame oder überaktive Immunantwort und macht sie dadurch wirksamer und weniger schädlich. Daher ist CBD wirksam bei der Regulierung des Immunsystems bei Autoimmunerkrankungen. Zudem unterstützt CBD das Immunsystem, überschießende Entzündungen nach hartem Sporttraining zu verringert. Die positiven Auswirkungen von CBD-Öl auf das Immunsystem werden auch dadurch deutlich, dass es bei neuroinflammatorischen Krankheiten wie Alzheimer oder Multipler Sklerose helfen kann. Im Gegensatz dazu wirkt sich CBD jedoch negativ auf die adaptive Immunantwort aus. Somit könnte eine Verwendung von Cannabis-Produkten das Potenzial des Körpers zur Bekämpfung von Krankheitserregern wie Viren und Bakterien beeinträchtigen.
Cannabis und das Immunsystem: Fazit
THC hemmt die Funktion der Immunzellen mit großem Erfolg. CBD scheint jedoch die Immunfunktionen unterschiedlich zu beeinflussen. Wenn es in niedrigeren Dosen verwendet wird, kann es dem Immunsystem sogar helfen, einige Herausforderungen zu überwinden. Es gibt viele Aspekte, in denen Cannabis mit den Immunzellen interagiert, und alle sind dosisabhängig. Daher ist eine verantwortungsvolle Dosierung von grösster Bedeutung. Cannabis und das Immunsystem stehen in einer besonderen, komplexen Beziehung zueinander. Bei der Einnahme von Cannabis werden die Funktionen des Immunsystems ständig moduliert bzw. verändert. Es gibt keine sichere Methode, um zu berechnen, ob eine äußere Bedrohung, wie z.B. eine Erkrankung die natürlichen Abwehrkräfte besiegt.