THC bedeutsamer für therapeutische Zwecke als bisher angenommen: Wissenschaftler entwickelten eine mobile Software, die die Wirksamkeit von THC und CBD bewertet. Die anonymisierte App klärt Patienten darüber auf, wie sich die Produktauswahl, die Cannabisarten und die wichtigsten Cannabinoide auf ihre Krankheitssymptome auswirken.
Eine neue App bewertet die Wirksamkeit von THC und CBD
Forscher der Universität Mexiko (UNM) haben kürzlich eine große Lücke in der wissenschaftlichen Literatur geschlossen. Sie benutzten dazu eine mobile Software bzw. App. Diese Software misst die Echtzeit-Effekte von Cannabis basierten Produkten, die täglich von Millionen von Menschen genutzt werden. Im Gegensatz zu populären Medienberichten und wissenschaftlichen Dogmen zeigte die psychoaktive Chemikalie Tetrahydrocannabinol oder THC die stärkste Korrelation mit therapeutischer Linderung. Die Forscher sahen deutliche Hinweise darauf, dass Patienten sich nicht nur auf die gesellschaftlich weitaus akzeptiertere Chemikalie Cannabidiol oder CBD verlassen sollten.
THC und CBD bedeutsame Substanzen der Cannabispflanze
CBD und THC sind die bisher bekanntesten Cannabinoide, die in der Cannabispflanze enthalten sind. Insgesamt sind bisher über 100 Cannabinoide in Cannabis entdeckt worden. THC ist die Substanz in Cannabis, die seine Benutzer „high“ macht. Im Gegensatz zu THC ist CBD nicht psychoaktiv, macht also nicht high. Die Cannabispflanze benutzt das THC, um Viren, Bakterien und Parasiten abzuschrecken. In seiner Struktur und Molekularmasse ist THC dem CBD sehr ähnlich. Sowohl CBD als auch THC kann Ölen, Tinkturen, Tropfen, Medikamenten, Salben und Lotionen sowie Lebensmitteln beigemischt werden. Je nach Produkt und Konzentration der Inhaltsstoffe ist die Wirkung unterschiedlich.
Neue Studie nennt THC- und CBD-Gehalt als wichtigen Faktor
Die neuen Studie mit dem Titel „The Association between Cannabis Product Characteristics and Symptom Relief“ wurde in der Zeitschrift Scientific Reports veröffentlicht. Die UNM-Wissenschaftler Sarah See Stith, Assistenzprofessorin am Department of Economics, und Jacob Miguel Vigil, Associate Professor am Department of Psychology, fanden heraus, dass der THC- und CBD-Gehalt der wichtigste Faktor zur Verbesserung der Symptomlinderung für viele gesundlichen Probleme ist. Die Ergebnisse basieren auf der größten Datenbank von Echtzeitmessungen bezüglich der Wirkungen von Cannabis in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Daten wurden mit der ReleafApp erhoben, die Franco Brockelman, Keenan Keeling und Branden Hall entwickelt haben.
ReleafApp, einzige öffentlich zugängliche, anonymisierte App, die Patienten informiert
Seit ihrer Markteinführung im Jahr 2016 ist die kommerziell entwickelte ReleafApp die einzige öffentlich zugängliche, anonymisierte App dieser Art. Sie klärt die Patienten darüber auf, wie sich die Produktauswahl (z.B. Blüte oder Konzentrat), die Cannabisarten (Indica, Sativa und Hybrid) und die wichtigsten Cannabinoide (THC und CBD) auf ihre Krankheitssymptome auswirken. Sie stellt somit für die Benutzer eine wertvolle Information für den Gesundheitszustand, die Medikamentenauswahl und die klinischen Ergebnisse der Therapieentscheidungen dar. Die Studie zielte darauf ab, praktische Fragen zu beantworten. Hierzu gehören u.a. die grundlegenden Merkmale von derzeit verfügbaren und häufig verwendeten Cannabisprodukten. Diese Merkmale beeinflussen häufig die Entscheidungen der Verbraucher.
THC bedeutsamer für therapeutische Zwecke als bisher angenommen
Der durchschnittliche Patient zeigte in den rund 20.000 untersuchten Benutzereintragungen und 27 gemessenen Symptomkategorien eine sofortige Symptomverbesserung von 3,5 Punkten auf einer Skala von 0-10. Die betrachteten Symptome reichten von Depressionen über Schmerzen bis hin zu Krampfanfällen. Trockenblüten der Cannabispflanze waren das am häufigsten verwendete Präparat. Sie wurden im Allgemeinen mit einer stärkeren Symptomverbesserung verbunden als alle anderen Präparate. Dass THC bedeutsamer für therapeutische Zwecke sein könnte als bisher angenommen, unterstützt dieses Ergebnis.
Cannabis als Analgetikum und als Ersatz für Opioide und andere Arzneimittel
Cannabis gewinnt zunehmend an Popularität als Analgetikum, d.h. als Schmerzmittel auf mittlerer Wirkungsebene. Außerdem ist es ein vielversprechender Ersatz für verschreibungspflichtige Opioide und ähnliche Arzneimittelgruppen. Diese haben oft unerwünschte Nebenwirkungen, gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko. Schwer erkranke Patienten können auch in Deutschland seit März 2017 Cannabis-Medikamente verordnet bekommen. Hierzu gehören Mittel gegen Schmerzen bei Multipler Sklerose oder Rheuma. Auch zur Appetitsteigerung bei Krebs oder AIDS werden Cannabis-haltige Medikamente eingesetzt. Sie hätten die bedeutendste Lücke in der bisherigen medizinischen Literatur schließen können. Auf diese Weise hätten sie die Wirksamkeit, die Dosis, die Verabreichungswege und die Nebenwirkungen von allgemein verwendeten und kommerziell erhältlichen Cannabisprodukten verstehen können, sagte der UNM-Wissenschaftler Vigil.
THC bedeutsamer für therapeutische Zwecke als bisher angenommen
Durch das Erforschen von Produkten, die sowohl THC als auch CBD enthalten, konnten die Autoren die relative Bedeutung dieser Cannabinoide für die Symptomlinderung und die Häufigkeit von Nebenwirkungen analysieren. Auf diese Weise brachten sie die bisherige Forschung, die eine Substanz in Abwesenheit der anderen untersucht, entscheidend vorwärts. Eines der auffälligsten Ergebnissen war, dass THC im Allgemeinen eine bessere Symptomlinderung und weniger Nebenwirkungen zeigte. In der Öffentlichkeit und bei einigen Wissenschaftlern ist die am meisten verbreitete Auffassung, dass nur CBD von medizinischem Nutzen ist. THC soll nur „high“ mavhen. Die neuen Forschungsergebnisse deuten nun darauf hin, dass THC therapeutisch effektiver sein kann als CBD. In der genannten Studie scheint CBD wenig Wirkung zu haben, während THC messbare Erfolge bei der Symptomlinderung erzielt. Diese Ergebnisse sollten ausreichen, um alle Arten von Cannabis, sowie Hanf, für die breite Öffentlichkeit für den pharmazeutischen Gebrauch besser zugänglich zu machen, meinten die mexikanischen Wissenschaftler.
Breites Verständnis für Produkteigenschaften und Behandlungsergebnissen sehr wichtig
„Ein breiteres Verständnis des Zusammenhangs zwischen Produkteigenschaften und Behandlungsergebnissen ist besonders wichtig, da medizinische Cannabispatienten keine medizinische Beratung erhalten“, sagte Stith. „Die meisten erhalten nur eine Empfehlung für eine Cannabisbehandlung von ihrem Arzt und eventuell weitere Therapievorschläge, die von früheren Behandlungsmethoden, dem Internet, sozialen Kontakten und/ oder wenig ausgebildetem Personal in Apotheken stammen. „Dies unterscheidet sich sehr von der Beratung, die Patienten erhalten, die herkömmliche Medikamente mit klaren Dosierungsanweisungen und standardisierten Produktinformationen verwenden, “ fügte Stith hinzu.